26.07.–21.09.2014
Eröffnung: Fr, 25. Juli 2014, 20 Uhr
Einführung durch Séamus Kealy,
Direktor des Salzburger Kunstvereins
Was die Fotografie anlangte, so hielt mich ein ‚ontologischer‘ Wunsch gefangen: Ich wollte unbedingt wissen, was sie ‚an sich‘ war…
Roland Barthes, Die helle Kammer
Videos zur Ausstellung
„Punctum“ ist eine Ausstellung über das Wesen der Fotografie heute. Bestehend aus fünfzig Fotografien und Kunstwerken, die von Künstler_innen, Kurator_innen und Schriftsteller_innen ausgewählt wurden, und begleitet von einer Vortragsreihe sowie einer Publikation, nimmt die Ausstellung ihren Ausgangspunkt beim Begriff des „punctum“, wie ihn Roland Barthes in seinem Buch „Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie“ einführte. Barthes benutzt den Begriff „punctum“ als sprachliches Mittel, um die Bedeutung von Fotografie zu untersuchen. Der Begriff bezieht sich auf ein besonderes Detail einer Fotografie, das den Betrachter fesselt oder „verwundet“ und es zu einem Objekt der Reflexion vervollständigt. Barthes geht jedoch noch darüber hinaus und schreibt eine Reihe weiterer phänomenologischer Betrachtungen dieser Sphäre des „punctum“ zu.
Für die Ausstellung wurden die Teilnehmer_innen eingeladen, Fotografien auszuwählen, die für sie das Konzept des „punctum“ emblematisch verkörpern, speziell im Kontext der heutigen Fotografie und unserem konstanten Ringen um Ästhetik. Jede ausgewählte Fotografie wird von einem kurzen, beschreibenden Text begleitet, der die Gründe der Entscheidung erhellen soll. Den Hintergrund des Projekts bilden die fortwährenden, ontologischen Überlegungen zur Fotografie, besonders heute, lange nach ihrer Digitalisierung und weiteren Universalisierung. Fotografie ist immer problematisch gewesen, als eine sogenannte indexikale Form, als Ersatz für Erinnerung, als manipuliertes Mittel, als Instrument der Beobachtung, Kontrolle und des Militarismus, und auch als vielumstrittene Kunstform. Mit der Evolution der Fotografie in das digitale Zeitalter hinein haben sich diese Problemfelder wohl vervielfacht. Der Schriftsteller Geoff Dyer argumentiert zum Beispiel, dass digitale Fotografie „frei von jeglichen Qualitäten vergangener Zeit zu sein scheint,“ dass sie keine der Eigenschaften mehr besitze, die Barthes ihr zugeschrieben habe. Barthes zufolge ist die Fotografie „das lebendige Bild von etwas Totem“ und daher wohnt ihr etwas einer „Auferstehung“ inne. Würde diese Meinung heute standhalten, in einer Zeit, in der die Fotografie von einem konstanten, sich immerzu verändernden und unaufhaltsamen Bilderflut mitgerissen wird? Würden wir heutzutage noch den Begriffen Barthes wie „profunde Verrücktheit“, „geteilte Halluzination“ oder „das Irreversible“ als elementare Definitionen der Fotografie zustimmen? Oder müssen wir uns nicht erneut fragen: Was ist der ontologische Status der Fotografie?
Die Ausstellung wird von einer Vortragsreihe zu aktuellen Themen der Fotografie begleitet. In Zusammenarbeit mit Fotohof edition wird ein Katalog publiziert und am Ende der Ausstellung präsentiert. Zudem werden Besucher_innen in einem eigenen Bereich eingeladen, ihr ganz persönliches „punctum“ zur Ausstellung hinzuzufügen: Punctum Fotowettbewerb.
Kurator: Séamus Kealy
Teilnehmer_innen/Künstler_innen & Fotograf_innen:
Hildegund Amanshauser (AT) – Ines Doujak (AT)
Kader Attia (F) – Kader Attia
Geoffrey Batchen (NZ) – Alison Rossiter (USA)
Sabine Bitter/Helmut Weber (AT) – Sabine Bitter/Helmut Weber
Marc De Blieck (BE) – Albrecht Meydenbauer (DE)
Iñaki Bonillas (MX) – Iñaki Bonillas
Adam Budak (PL) – unbekannt
Duncan Campbell (IE) – Willie Doherty (IE)
Philippe van Cauteren (BE) – unbekannt
Vaari Claffey (IE) – Paul Allen (USA)
Moyra Davey (CA) – Moyra Davey
Geoff Dyer (GB) – Oscar de Marcos (E)
Antje Ehmann (DE) – Antje Ehmann
Silvia Eiblmayr (AT) – Francesca Woodman (USA)
Sabine Folie (AT) - Klaus Scherübel (AT)
Maria Fusco (GB) – unbekannt
Gauri Gill (IND) – Gauri Gill
Felix Gmelin (DE/SE) – Felix Gmelin
Barbad Golshiri (IR) – Barbad Golshiri
Boris Groys (RUS) – Natalia Nikitin (RUS)
Eva Grubinger (AT) – Ed van der Elsken (NL)
Karin Hanssen (BE) – unbekannt
Martin Herbert (GB) – August Sander (DE)
Matthias Herrmann (AT) – Matthias Herrmann
Antonia Hirsch (DE) – unbekannt
Martin Hochleitner (AT) – Rainer Iglar (AT)
Ruth Horak (AT) – Tatiana Lecomte (F)
Geoffrey James (CA) – Geoffrey James
Anna Jermolaewa (RUS/AT) – Anna Jermolaewa
Simone Kappeler (CH) – Simone Kappeler
Eva Kotátková (CZ) – Eva Kotátková
Suzanne Lafont (F) – Suzanne Lafont
Wilfried Lentz (NL) – Carleton Watkins (USA)
Declan Long (IE) – Tom Wood (IE)
Ken Lum (CA) – Ken Lum
Anja Manfredi (AT) – Anja Manfredi
Francis McKee (IE) – Pablo Guardiola (PR)
Rabih Mroué (RL) – unbekannt
Doina Popescu (CA) – Spring Hurlbut (CA)
Barbara Probst (DE) – Andreas Wutz (DE)
Meggy Rustamova (GE/BE) – unbekannt
Mark Sealy (GB) – Robert Lebeck (DE)
Corin Sworn (GB) – unbekannt
Friedrich Tietjen (DE) – unbekannt
Walker & Walker (IE) - Walker & Walker
Scott Watson (CA) - Carlo Gentile (IT)
Peter Weibel (AT) – Hiroshi Sugimoto (J)
Louwrien Wijers (NL) – Cathrien van Ommen (NL)
Paolo Woods (NL/CA) – Paolo Woods
Tobias Zielony (DE) – Seiichi Furuya (J)
In memoriam Robert Lebeck & Dermot Healy
Ausstellungsansicht Salzburger Kunstverein 2014
Foto: Andrew Phelps, © Salzburger Kunstverein
Punctum (26.07.-21.09.2014)
„Was die Fotografie anlangte, so hielt mich ein ‚ontologischer‘ Wunsch gefangen: Ich wollte unbedingt wissen, was sie ‚an sich‘ war…“ —Roland Barthes, Die helle Kammer.
„Punctum“ ist eine Ausstellung über das Wesen der Fotografie heute. Bestehend aus fünfzig Fotografien und Kunstwerken, die von Künstler_innen, Kurator_innen und Schriftsteller_innen ausgewählt wurden, und begleitet von einer Vortragsreihe sowie einer Publikation, nimmt die Ausstellung ihren Ausgangspunkt beim Begriff des „punctum“, wie ihn Roland Barthes in seinem Buch „Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie“ einführte.