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2011
 
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Termine 2011

11.01.–25.01.2011
Veranstaltungen

Pain Releaser. Über das Schmerzliche in und an Bildern
Eine Vortragsreihe von Thomas D. Trummer

Schmerz ist eine im Eigenen entstehende Gewalt, eine erdrückende Last, ein Abgrund, der in einem selbst klafft. Schmerz zerstört die vom Menschen gelebte Einheit, die durchsichtig bleibt, solange er sich gesund fühlt und auf seine Kräfte vertrauen kann. Die gelebte Selbstverständlichkeit im Verhältnis zu uns selbst wird brüchig, die Verbindung zur Welt prekär. Gesundheit, so könnte man sagen, ist eine Art der Nichterfahrung, das wohlwollende Schweigen der Organe. Im Schmerz melden sie sich zu Wort. Schmerz gibt das Gefühl, an ihrer Unmittelbarkeit zu ersticken.

Indes sind Bilder seit alters her mit der Vorstellung des Vergnügens verbunden. Sie werden zu Entspannung und manchmal sogar zur Therapie eingesetzt. Bilder sollen belehren und erfreuen, heißt es schon bei Horaz. Doch sind nicht Bilder auch Zeugnisse von Abwesenheit, Trauer und Verlust? Im selben Atemzug, wie wir angenehme Eindrücke durch täuschende Darstellung herbeirufen, entgleiten sie unserem begehrlichen Zugriff. Durch Bilder treten Risse in die Welt. Wir bringen Sehnsucht, Lust und Nostalgien auf, um diesen Entzug erträglich werden zu lassen. Diese doppelte Bewegung unseres Gemüts, welches ersehnt, um enttäuscht zu werden, und täuscht, um zu ersehnen, erleben wir, wenn wir Fotos von geliebten Personen oder Dingen betrachten. Doch nicht nur dort wird uns die Unerreichbarkeit von Verlorenem und fast Vergessenem bewusst. Alle Bilder regen ein widersprüchliches Empfinden. Sie befreien uns von Nöten (pain reliever) und setzen diese zugleich frei (pain releaser).

Die drei Vorlesungen erzählten exemplarisch Geschichten über Vorstellungen des Verlusts in und an Bildern. Zur Sprache kamen antike und neuere Philosophen, historische Gemälde, Fotografien, Hollywood- und ernstere Filme.

Eintritt frei.

Warum das Trauern ein Ende hat, nur in Bildern nicht

Dienstag, 11. Jänner 2011, 19 Uhr
„Trauer und Melancholie“ heißt ein Essay von Sigmund Freud aus dem Jahr 1917. Darin werden Formen der Schwermut und schmerzlichen Empfindsamkeit beschrieben. Die Melancholie, die historisch mit dem Künstlerbild in Verbindung gebracht wird, ist für den Psychoanalytiker ein Krankheitsbild, Trauer hingegen eine Reaktion der Verlustverarbeitung, die abgeleistet und zu Ende gebracht werden kann. Doch ist das wirklich möglich? Sind es nicht gerade die Bilder, die uns an Zustände des Verlustes unendlich erinnern?

Aufstieg blendet und ist schmerzlich
Dienstag, 18. Jänner 2011, 19 Uhr
Erkenntnis wird gerne mit Metaphern des Sehens und der Lichtgebung umschrieben. Wir erfreuen uns der Einsicht, des Einblicks, der Erhellung, der Klarheit, der Aufklärung usw. Das Gegenteil des Erkennens sind demnach Blindheit oder Umnachtung. Der Weg heraus ist jener der Blendung. So wird Erkenntnis zum Beispiel bei Platon beschrieben, als schmerzliche Behandlung der Augen. Doch wie stellt sich der Weg aus der Dunkelheit in der heutigen Bildwelt dar? Das Beispiel hierzu kam aus Hollywood.

Hilfeschreiende Not oder verhaltenes Schweigen?
Dienstag, 25. Jänner 2011, 19 Uhr
Wie vermittelt sich eigentlich Schmerzhaftes? Wir kennen Bilder der Verzweiflung und Bestürzung, Gesten der Anspannung, der Krankheit und des beschwerlichen Ertragens. Im 18. Jahrhundert wurden Besonnenheit, Mäßigung und verhaltene Schmerzdarstellung für die künstlerische Darbietung gefordert, gegenwärtige Bilder und Medien übertreffen einander in der Darbietung von Drastik, Schauer und Gräuel. Eine kurze Geschichte des peinvollen Schicksals von Winckelmann und Lessing bis zu Pablo Picasso und Desert Storm.

Vortragender: Thomas D. Trummer ist Kunsthistoriker und Kurator. Seit 2007 Kurator für Bildende Kunst, Siemens Stiftung, München, zuvor Kurator am Belvedere Wien und Gastkurator am Grazer Kunstverein. Zahlreiche Publikationen zur Gegenwartskunst und Ästhetik.

Literaturhinweis: Thomas Trummer, Trauer, 2003, Passagen Verlag