02–04
2012
 
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Termine 2012

09.02.–15.04.2012
Kabinett

Hannes Zebedin
Zweifelskontinuum

Eröffnung: 8. Februar 2012, 19 Uhr

Wie wirkt sich das Festhalten am Wachstum auf unsere Gegenwart aus und wie wird dies politisch und sozial verhandelt? Dies war die Ausgangsfrage für die Installation „Zweifelskontinuum“ von Hannes Zebedin. Die räumliche Geschlossenheit des Raums wurde dabei aufgelöst und es wurde versucht, das Außen mit dem Innen zu einer (un)möglichen Einheit zu verschmelzen. So wurde der Ausstellungsraum für eine installative Diskussion zum Thema Informationspolitik genutzt, Fragen der Zugänglichkeit und Offenheit von Information wurden dabei behandelt.

Access to Information
Drucke in DIN A4 Größe wurden einzeln aufeinander gestapelt, bis sie eine Höhe erreicht hatten, die gefährlich zu kippen schien. Die Ausdrucke, aus denen die Installation bestand, stammten von der Homepage der Weltbank. Diese veröffentlicht laufend Reports, die Informationen und Ausblicke ihrer Mitgliedsländer publiziert. Die Weltbank ist eine in Washington angesiedelte Bankengruppe, deren ursprünglicher Gründungszweck es war, den Wiederaufbau in den zerstörten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zu finanzieren. Heute sieht die Weltbank ihre Kernaufgabe in der wirtschaftlichen (Weiter-)Entwicklung von weniger wohlhabenden Staaten, was hauptsächlich dadurch geschieht, dass sie Kredite vergibt, die an bestimmte Konditionen gebunden sind. Dadurch erlangte diese Institution jene Machtposition, die es ihr ermöglicht, ihr eigentliches Interesse, die Privatisierung, durchzusetzen. Die höchste Prämisse, die die Weltbank vorantreibt, ist die des Wachstums. Alle Fakten und Vorschläge zur Verbesserung, die veröffentlicht werden, haben ihre Konstante auf Wachstum ausgerichtet; dies wird dadurch begründet, dass Wachstum Frieden, Wohlstand und Demokratie fördern soll.

Informationen, die von der Weltbank veröffentlicht werden, sind gleichzeitig ein Auftrag an die jeweiligen Staaten, in diesem Sinne zu arbeiten. Es ist allerdings keine Information mehr, die als Diskussionsgrundlage dienen soll, sondern vielmehr ein oktroyiertes Diktat. Die Information wird zur Architektur, welche den Staat und die Menschen umgibt.

Formal ist „Access to Information“ an die Arbeiten von Félix González-Torres angelehnt, in welchen er Poster aufeinander stapelt, die von den BesucherInnen einzeln mitgenommen werden können. Liegt bei Félix González-Torres der soziale Gedanke im Vordergrund, bei dem sich jeder an der „Skulptur“ beteiligen kann, so ist die Menge der Information bei „Access to Information“ nicht mehr greifbar, sie strahlt eine Gefahr aus, mit der man leben muss.

Ein Wintermärchen
Die Fenster des Kabinetts wurden geöffnet und in die Fensterrahmen (aufgedrehte) Heizkörper platziert. Die Heizkörper waren von außen sichtbar, sie stellten eine (durchaus soziale) Geste dar, die jedoch zum Scheitern verurteilt war. Ist jene aufgrund der angedeuteten Raumerweiterung im Winter chancenlos gewesen, so war sie mit Beginn des Frühlings nutzlos. Diese Arbeit war durchaus auf die damalige Situation in Europa bezogen: Wie wurde wirtschaftlich auf bestimmte Situationen reagiert? Unterlag das ökonomische Wachstumsstreben auch natürlichen Zyklen? Wurden Ressourcen verschwendet, um ein scheinbar unmögliches Szenario zu verwirklichen?

Der Titel ist an Heinrich Heines Epos „Deutschland. Ein Wintermärchen“ angelehnt.

Melancholie von Morgen
Eine mit Schnee bedeckte Fläche wurde frei geschaufelt. Mit genau jenem frei geschaufelten Schnee, wurde das Wort „Frühling“ auf den Boden geschrieben. Somit hat eine allgemeine Fläche eine Konzentration ihrer Masse erfahren, welche zu einem Statement wurde, das im Laufe der Ausstellungsdauer verschwand.

Die Bedeutung des Begriffes Frühling hat neben der Jahreszeitbeschreibung auch eine politische Dimension, welche in die Arbeit miteingeflossen ist. Das geschriebene Wort verschwand am Boden, sobald die Temperaturen stiegen, konnte aber auch durch weiteren Schnee wieder bedeckt werden.

Der Titel war Teil des Gedankens „Sind die Revolutionen von heute die Melancholie von Morgen?“ Es stellt sich die Frage, ob Revolutionen bzw. geforderte Veränderungen nach deren Umsetzung weiter verfolgt werden und ob sie überhaupt eine Chance haben, langfristig zu bestehen.

Hannes Zebedin, geboren 1976 in Lienz, lebt und arbeitet in Wien



Foto: Elif Yalcintepe