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2005
 
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Termine 2005

06.08.–17.08.2005
Filmretrospektive | Kooperation mit DAS KINO

Ulrike Ottinger - Filmretrospektive
In Kooperation mit dem Salzburger Filmkulturzentrum DAS KINO

Mi, 10. August 2005, 21 Uhr: Ulrike Ottinger zu Gast im DAS KINO Mit einem von Ulrike Ottinger persönlich ausgewählten Kurzfilmprogramm

Das Salzburger Filmkulturzentrum DAS KINO präsentiert in Kooperation mit dem Salzburger Kunstverein eine Ulrike Ottinger – Filmretrospektive mit sechs Filmen sowie einem Kurzfilmprogramm aus den Jahren 1973 bis 2004. „Die ausgetretenen Pfade des Schon-Gesehenen, Schon-Gehörten, Schon-Gedachten, Schon-Empfundenen haben sich inzwischen zu breiten Betonpisten ausgewachsen, auf denen die Filmindustrie ihre bereits mehrfach verdauten Produkte hin-und herschiebt, weltweit“. So schreibt Ulrike Ottinger in den 80er Jahren in einem Text, der vom „Zwang zum Genrekino“ handelt. Mit ihrem eigenen, in der deutschen Filmszene singulären Werk beweist die 1942 in Konstanz geborene Regisseurin seit den frühen 70er Jahren, dass ein „Überleben außerhalb der Konserve“ noch möglich ist.
Die Filme Ulrike Ottingers liegen außerhalb des filmischen Mainstreams. Sie bieten keine geschlossenen Geschichten und Handlungen. Die Regisseurin nähert sich ihrem Thema assoziativ. Oft sprengt sie hierbei nicht nur die Linearität des Mediums, sondern auch sämtliche im Kino üblichen Zeitbegrenzungen: Ihre Reisebeschreibung der Nomaden in der Mongolei etwa (Taiga, 1991/92) nähert sich mit fast 9 Stunden beinahe der Echtzeitgrenze. Ottingers Filme enthalten stets eine Fülle an kunsthistorischen und literarischen Anspielungen – von der antiken Skulpturengruppe des Laokoon über den Mythos von Jeanne d’Arc bis hin zu Virginia Woolfs Erzählung „Orlando“.
Die kulturgeschichtlichen Vorlagen werden dabei zum Ausgangsmaterial für phantastische Geschichten, deren visuelle Opulenz wesentlich auf Ottingers Vorliebe für Kostüme, Maskeraden und Verwandlungen jeder Art zurückzuführen ist. Bereits ihr erster Film, Laokoon & Söhne (1972/3), bei dem sie – wie in fast allen ihren Filmen – für Regie, Kamera, Drehbuch, Produktion und als Darstellerin aufgeführt ist, gibt programmatisch die Richtung an: Beständige Transformationen und Metamorphosen katapultieren den Betrachter in einen Taumel der Wahrnehmung. Ulrike Ottingers Filme haben auch einen wesentlichen Beitrag zum feministischen Kino geleistet. Sie rücken vorwiegend Ausnahme-Frauen ins Zentrum des Geschehens, welche von Schauspielerinnen wie Delphine Seyrig, Magdalena Montezuma oder Irm Hermann verkörpert werden. Dennoch wird hier weniger eine weibliche Gegenkunstwelt entworfen, sondern es geht vielmehr um ein Aufbrechen der gesellschaftlich sanktionierten Geschlechter-kategorien von männlich – weiblich. Neben ihren Spielfilmen hat Ottinger auch eine Reihe von Dokumentarfilmen, vornehmlich Reisefilme, gedreht. Hierbei lässt die Regisseurin das Fremde gerne vertraut erscheinen und rückt stattdessen die eigene Kultur in ein fremdes Licht. Bevorzugtes Ziel ihrer nomadischen Bilder-Reisen ist der Orient und die asiatische Kultur.
Südostpassage (2002) etwa handelt von einer Reise von Berlin nach Osteuropa. China. Die Künste – Der Alltag (1985) versenkt den Zuseher 270 Minuten lang in den chinesischen Alltag und Johanna d´Arc of Mongolia (1988/89) schildert eine Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn aus der Sicht von vier Frauen. „Ulrike Ottingers Filme“, schreibt Ulrich Gregor, „wenden sich an einen wachen Zuschauer ohne Scheuklappen. Sie entführen ihn in Bereiche der Phantasie, der Spiegelungen, in eine Welt der visuellen Schönheit und des Reichtums an Architektur, Dekoration und Kostüm. Sie begeben sich auf Pfade des Abenteuers und gleichen (oder sind) Expeditionen in unbekanntes Territorium.“
Sa, 6. August, 21.00 •Saal Do, 11. August, 21.00 •Saal Johanna D´Arc of Mongolia Deutschland 1989, Regie/Buch/Kamera: Ulrike Ottinger, Schnitt: Dörte Völz, Musik: Wilhelm Dieter Siebert, mit: Delphine Seyrig, Irm Hermann, Peter Kern, Gillian Scalaci, u.a., (35mm, Farbe, 165 Min, OmU)

Im Speisewagen der Transsibirischen Eisenbahn, in dem eine georgische Damencombo für Unterhaltung sorgt, lernen sich vier völlig verschiedene Frauen kennen und treffen auf drei exzentrische Herren. An der Grenze zur Mongolei steigen die Damen in die Transmongolische um, die nach kurzer Zeit von wilden mongolischen Reiterinnen gestoppt wird. Es ist, als wären sie plötzlich in eine andere Zeit versetzt. Die westlichen Damen werden von einer geheimnisvollen mongolischen Prinzessin und ihren Begleiterinnen entführt und ziehen mit ihrer Karawane durch die überwältigende Landschaft der Inneren Mongolei ins Ungewisse. Johanna d´Arc of Mongolia schildert, was geschieht, wenn zwei extrem unterschiedliche Kulturen einander begegnen. So, 7. August, 21.00 • Saal Sa, 13. August, 19.00 • Gewölbe Bildnis einer Trinkerin Deutschland 1979, Regie/Buch/Ausstattung/Kamera: Ulrike Ottinger, Schnitt: Ila von Hasperg, mit: Tabea Blumenschein, Lutze, Magdalena Montezuma, Orpha Termin, Nina Hagen, Eddie Constantini, Wolf Vostell, u.a., (35mm, Farbe, 107 Min)

Eine Frau aus Porzellan, mit sehr hohen, nicht mehr wahrnehmbaren Herztönen, ist beseelt vom Wunsch, sich zu Tode zu trinken. Sie löst ein Ticket Berlin Tegel und beschließt, eine Art Trinkplan aufzustellen. Die ausführliche Beschreibung einer Sightseeing-Tour dient ihr zur Orientierung. Berlin, eine Stadt, in der sie völlig fremd ist, scheint ihr der rechte Ort, ihre Bestimmung zu leben, zu leben, um zu trinken, zu trinken, um zu sterben. „Berlin ist in diesem Film die zur Stadt verwandelte Einsamkeit. Und die Qualität dieses Films: dass er das nicht behauptet, sondern zeigt.“ (Die Zeit) Mo, 8. August, 21.00 • Saal So, 14. August, 19.00 • Gewölbe Freak Orlando Deutschland 1981, Regie/Buch/Ausstattung/Kamera: Ulrike Ottinger, Musik: Wilhelm D. Siebert, Schnitt: Dört Völz, mit: Magdalena Montezuma, Delphine Seyrig, Albert Heins, Eddie Constantini, u.a., (35mm, Farbe, 126 Min)

Freak Orlando ist ein Kleines Welttheater in fünf Episoden, eine Irrtümer, Inkompetenz, Machthunger, Angst, Wahnsinn, Grausamkeit und Alltag umfassende ‚Histoire du monde‘ am Beispiel der Freaks von den Anfängen bis heute. Die Titelfigur ist dem Orlando aus Virginia Woolfs Roman nachempfunden, der den alten Traum vom androgynen Menschen realisiert und der Zeit, der Vergänglichkeit nicht unterworfen ist. Das Kaufhaus ist in diesem Film der Tempel der Versprechungen, wo sich nach bestimmten Liturgien öffentliches Leben regelt. „Dieses Kino verwirklicht die Collagenträume des Surrealismus. Es kann alle Vorstellungen, Wünsche, Ängste, Träume mit der Aura des Realen ausstatten.“ (Süddeutsche Zeitung) Di, 9. August, 21.00 • Saal Di, 16. August, 18.30 • Gewölbe

Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse
Deutschland 1984, Regie/Buch/Kamera/Ausstattung: Ulrike Ottinger, Schnitt: Eva Schlensag, Musik: Peer Raben, Patricia Jünger, mit: Veruschka von Lehndorff, Delphine Seyrig, Tabea Blumenschein, Toyo Tanaka, Irm Hermann, u.a., (35mm, Farbe, 150 Min) Frau Dr. Mabuse, Chefin eines Pressekonzerns, erschafft sich mit dem androgynen Dorian Gray einen Menschen, der vollkommen von ihr abhängig ist. Am Ende ist die Bewusstseinsproduzentin eine Gefangene des eigenen Wahns, die sich mit der Phantasmorgie der vollkommenen Herrschaft über ihr Medienprodukt betrügt. Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse entlarvt die verführende und verführerische Macht eines sublimierten Totalitarismus – die der Medien. „Eine monströs-phantastische Bilderrevue. Von Versuchung zu Versuchung, vom Taumel zum Schrecken. Zwischendurch öffnet sich ein Vorhang und wir blicken auf eine bizarre Felsenküste, wo eine seltsame Oper gespielt wird.“ (Die Zeit) Mi, 10. August, 21.00 • Saal Ulrike Ottinger zu Gast & Kurzfilmprogramm

Das Exemplar
(DVD, 2002, 18:26 Min) Eine Groteske nach Valentin Katajew Ein zaristischer Beamter der zwölften Rangstufe - der Spießer - findet sich in der frühen Sowjetunion wieder, nachdem er, vor der Revolution versehentlich verhaftet, in tiefste Ohnmacht und schließlich in lethargischen Schlaf fällt. Als er nach zwanzig Jahren erwacht, versteht er die Welt nicht mehr. Aber ein Spießer findet immer seinen Weg. Berlinfieber Wolf Vostell Eine Happening-Dokumentation (16mm, 1973,12 Min) Usinimage (35mm, 1987, 10 Min) Dokumentarisch gefilmte Industriearchitektur und Stadtlandschaften Berlins werden montiert mit Spielfilmszenen aus Ulrike Ottingers Berlintrilogie.

Superbia/Der Stolz
(35mm, 1986, 15 Min) Superbia ist der Hoffart gewidmet, die als erste der christlich-mittelalterlichen Todsünden und als Wurzel aller übrigen galt. Teil 1: Fr, 12. August, 21.00 • Saal Teil 2 + 3: Mi, 17. August, 18.15 + 22.15 • Gewölbe Taiga Deutschland 1991/92, Regie/Buch/Kamera: Ulrike Ottinger, Schnitt: Bettina Böhler, Ton: Andreas Mücke, Teil 1: 167 Min, Teil 2: 167 Min, Teil 3: 167 Min, OmU 1991 reiste Ulrike Ottinger in die nördliche Mongolei, um die weitab von der Zivilisation lebenden Nomadenstämme zu begleiten. Entstanden ist ein filmisches Tagebuch, die Dokumentation einer visuellen Expedition ins Unwegsame. Die Regisseurin nähert sich den Nomadenfamilien als Ethnologin. Die Resultate der filmischen Expedition sind ein atemberaubendes und beeindruckendes visuelles Erlebnis, das bei den Nomaden in der Wildnis beginnt und im Freizeitpark der Stadt Ulaanbaatar endet: die Bilder dokumentieren mit ungewöhnlicher Sensibilität das Leben der Nomadenstämme, ihre Bräuche und Mythen. Der in achtunddreißig Episoden unterteilte Film folgt dem Weg der Nomaden vom Sommer- ins Winterlager, aber er verfolgt auch den Weg vom Ursprung zur Moderne (Marli Feldvoß epd 5/92).

Taiga wird in drei Teilen gezeigt, die unabhängig voneinander gesehen werden können. Mo, 15. August, 19.00 • Gewölbe (mit Pause)

Exil Shanghai Deutschland, Israel 1997, Regie/Kamera: Ulrike Ottinger, Musik: Originalmusik der 20er und 30er Jahre aus der Sammlung Raymond Wolff, Interviewte: Rena Krasno, Rabbi Theodore Alexander und Getrude Alexander, Inna Mink, Georges Spunt, Geoffrey Heller, (16mm, Farbe, 275 Min, OmU) Exil Shanghai erzählt von sechs Lebensläufen deutscher, österreichischer und russischer Juden, die sich im gemeinsamen Fluchtpunkt Shanghai kreuzen. Ulrike Ottinger hat sie in ihren neuen Residenzen in Kalifornien besucht und lässt sie vor laufender Kamera berichten: vom Kampf um Arbeit und das tägliche Überleben, von deutschsprachigen Zeitschriften und chinesischen Kohleöfen, von Wiener Bäckereien und Berliner Wurstküchen, vom Elend erneuter Ghettoisierung, aber auch vom Luxus der kolonialen Existenz, die manche unter ihnen genossen. Aus Erzählungen, Photos, Dokumenten und neuen Bildern aus der größten Metropole des Fernen Ostens wird schließlich ein Ganzes, in dem das historische Exil aktuelle Brisanz gewinnt. „Exil Shanghai ist nicht nur ein historisches Dokument, sondern auch eine ‚Sinfonie der Großstadt‘, in der sich das Fremde und das Eigene klangvoll mischen.“ (Frankfurter Rundschau)